Du hast immer so viel zu erzählen, hört Carly regelmäßig von Freunden und Bekannten. Kein Wunder, denkt sie, wenn an einem Tag an Bord so viel passiert, wie an Land in einer ganzen Woche. Das ist ja wie auf dem Traumschiff, teilen die Zuhörer dann oft ihr Wissen, das aus der bekannten Fernsehserie stammt und mit der Realität an Bord ungefähr so viel zu tun hat wie ein Kamel mit Wasserschildkröten. Vom Alltag zu berichten fällt schwer, da es keinen gibt. Und die wilden Erlebnisse zu bündeln, in gesellschaftsfähige Häppchen, genauso. Viele Themen sind auch einfach nicht für die Ohren einer Zuhörerschaft bestimmt, die mit den Inhalten noch weniger als gar nichts anfangen kann. Wo also anfangen und womit weitermachen, denkt sich Carly. Und dann startet sie einfach mal von vorn.
Sie erinnert sich daran, wie sie auf den Job aufmerksam wurde. Eine Bekannte hatte ihr begeistert davon berichtet, wie grenzenlos frei und zufrieden sie sich fühlte, als Wegbegleiterin für kreuzfahrende Gäste und mit den vielen Kollegen aus rund 50 verschiedenen Nationen der Erde. Alle treffen sich auf dem Schiff mit einer Mission: den Gästen die schönste Zeit des Jahres mit einem Lächeln zu versehen. Und bestenfalls dabei selbst glücklich zu sein.
Verschiedene Muttersprachen, verschiedene Geschmäcker (Vorsicht vor köstlichen indonesischen Spaghetti, die gewinnen locker jeden Schärfe-Wettbewerb), unterschiedliche Vorkenntnisse, Ausbildungen und Berufe. Mit Zertifikaten, die vom Ingenieur über den Nautiker bis hin zum Spa-Therapeuten und Bäcker reichen. Manche der Papiere so exotisch, dass die Schriftzeichen nur wage erahnen lassen, welche Fähigkeit dort bescheinigt wird. Gesund müssen sie alle sein und für seetauglich befunden werden, sonst wird man nicht Teil der Crew. Und einige Grundkenntnisse zum Verhalten im Brandfall oder Erste Hilfe sind ebenfalls nötig, um dabei sein zu dürfen.
Die Auswahl der Berufe an Bord ist so vielfältig wie die verschiedenen Nationalitäten und die Möglichkeit einen Einblick in die verschiedenen Aufgabenbereiche zu erhalten ist im kollegialen Austausch an Bord jederzeit gegeben. Und nicht nur das. Auch die vielen Sprachen und Traditionen werden natürlich nicht zu Hause gelassen, sondern verschmelzen auf dem Schiff zu einem bunten Gemisch aus familiärem Austausch und gemeinsamer Wertschätzung, wenn zum Nationalfeiertag die traditionellen Gewänder die Uniformen ersetzen, gemeinsam ehrfurchtsvoll die jeweilige Nationalhymne gesungen (oder ihr zugehört) wird, um sich dann gemeinsam daran zu erfreuen, dass man die Möglichkeit hat, dem Heimatland die Ehre zu erweisen – aus der Ferne zwar, aber zusammen mit Menschen, die die Ferne zu einem zweiten Zuhause werden lassen.
Für Carly war das damals eine fremde Welt. Und sie konnte sich nicht vorstellen, wie frei man sich in einer Kabine mit einem fremden Mitbewohner fühlen kann mit der oder dem man einen anstrengenden Arbeitsalltag und auch das Badezimmer teilt. Wie das wohl sein könnte, zufrieden zu sein inmitten von mehreren hundert Menschen, ohne einen privaten Rückzugsort? Wie ein Alltag aussehen kann, der von Arbeitsplänen und Restaurantöffnungszeiten bestimmt wird und dazu noch von einem Fahrplan mit den verschiedenen Häfen des Schiffs und den An- und Ablegezeiten, die jeden Tag in kleine Häppchen teilen mit denen man erstmal zurechtkommen muss.
Was Carly aber sofort klar war: das ist ein Abenteuer. Ein ziemlich großes Abenteuer!! Und was wäre, wenn es einfach gut werden würde?
Das Leben ist kurz und die Welt ist groß – also los…

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